Wünschst du dir manchmal, du könntest geduldiger werden und Geduld lernen? Oder gehörst du zu den Menschen, die zu hohe Ansprüche an sich selbst haben?
Als rehabilitierende Perfektionistin mit einer hohen Arbeitsmoral kann ich dir versichern: wir können Geduld üben und trainieren und dabei nicht nur Geduld, sondern auch Gelassenheit lernen und an Lebensqualität gewinnen. Und in diesem Artikel zeige ich dir dafür drei Wege auf.
(Und kannst dir den Inhalt dieses Artikels auch gerne hier in meinem Video anschauen – oder darunter weiterlesen)
Ironischerweise ist geduldiger werden ein Prozess, sprich Geduld zu lernen braucht Zeit. Wir können nicht ungeduldig tippeln und fragen “Wie werde ich geduldiger – am besten sofort?!” Ungeduldig geduldiger werden funktioniert leider nicht.
Sich in Geduld üben ist ein Prozess, es ist eine innere Haltung, eine Mentalität, und hat nichts mit “passiv werden” oder “faul sein” zu tun. Geduld ist diese Mitte, in der wir weder in Resignation kippen, noch versuchen, die Welt abzuschieben, damit sie sich dreht. Geduld ist eine Haltung der Akzeptanz, des Loslassens und des Lernens. Es ist ein: Erstmal atmen, bevor wir agieren.
Möglichkeit Nr. 1, um Geduld zu erlernen
Dieser Punkt fällt in die Kategorie “Realitätscheck”. Und zwar:
Alles, was wir heute als Erwachsene richtig gut können – sei es laufen, Autofahren, lesen, schreiben, sprechen, kochen etc. – können wir, weil wir es gelernt haben. Und um es zu lernen, haben wir geübt. Und beim Üben haben wir Fehler gemacht, doch sind an diesen Fehlern nicht verzweifelt, sondern haben sie korrigiert, haben weiter geübt, sind am Ball geblieben, bis wir es konnten.
Und all das vergessen wir als Erwachsene gerne. Als Erwachsene meinen wir, wir dürften nichts mehr üben und lernen, sondern wir müssten alles direkt können. Ziemlich unrealistisch, oder?
Deshalb ist der erste Schritt: Superwoman und Superman zur Seite zu stellen und sich bewusst zu machen, dass du an der ein oder anderen Stelle halt erst dabei bist, laufen zu lernen. Und du darfst dabei stolpern, fallen und dich an jemandem festhalten, und wieder aufstehen und weiter üben. Und zwar, ohne vorher noch einen Wutanfall zu schmeißen.
Mach dir auch bewusst:
Ungeduld ist eine wunderbare Strategie, um Fortschritt zu verhindern.
Nicht nur zu verzögern, sondern zu verhindern! Hast du mal versucht, mit Ungeduld und schnell ein 1000-Teile-Puzzle zusammen zu setzen?
Genau.
Ungeduld macht Stress und verknotet unser Gehirn, und dann können wir nicht gut Lösungen und neue Wege finden. Deshalb brauchen wir zuerst die Einstellung eines Lernenden.
Wie wäre es also, dir jetzt und hier die Erlaubnis zu geben, dass du ein(e) Lernende(r) sein darfst?
Wenn du nämlich lernen und üben darfst, wirst du auch früher oder später können. Wenn du gleich können solltest, stehen die Erfolgschancen gering.
Möglichkeit Nr. 2, um geduldiger zu werden
Hier nutze ich das Bild einer Kreuzung. Damit meine ich:
Unser Leben besteht aus einer Summe von Momenten, in denen wir Entscheidungen treffen. Es ist, wie immer wieder an einer Kreuzung zu stehen und zu entscheiden, ob wir nun rechts oder links abbiegen. Entsprechend gehen dann unser Leben und die Momente weiter.
Und obwohl es sich anders anfühlt, ist auch Ungeduld eine Entscheidung, ein Weg, den wir immer wieder, meist unbewusst, wählen einzuschlagen. Es ist nichts, was einfach so passiert. Es ist vielleicht eine Gewohnheit, aber es ist auch eine Entscheidung. Immer wieder stehen wir in unserem Leben in einer Situation, und damit an einer Kreuzung, an der wir entscheiden können: nehme ich den Weg der Ungeduld, den ich bereits so gut kenne, oder nehme ich – zur Abwechslung – den Weg der Barmherzigkeit mit mir?
Wir sind uns selbst nicht so ausgeliefert, wie es sich anfühlt.
Wir entscheiden immer wieder selbst. Und es ist eine Entscheidung zwischen Peitsche oder Barmherzigkeit.
Und allein dieses Bild, die Bewusstheit um die Kreuzung, und die Bewusstheit, dass wir auch anders entscheiden könnten, macht bereits einen Unterschied.
Wenn du zusätzliche Motivation brauchst, mach dir auch bewusst, dass du diese Entscheidung nicht heimlich und unsichtbar triffst. Sondern deine Kinder, deine Freunde und deine Familie schauen dir dabei zu – und sie schauen von dir ab und lernen von dir. Insbesondere Kinder lernen von uns, und zwar nicht bloß von unseren Worten, sondern hauptsächlich von unseren Taten. Deshalb entscheide bewusst:
- Was möchtest du deinem Kind, deinem Partner, deiner Familie vorleben?
- Was möchtest du, dass sie von dir lernen?
- Willst du die Peitsche verkörpern oder Barmherzigkeit?
Und ja, vielleicht sind sie genauso ungeduldig mit sich und haben auch zu hohe Ansprüche an sich selbst. Und ja, es wäre leichter, wenn sie es dir bereits anders vorleben würden. Aber es ist, wie es ist, doch es wird zu dem, was du daraus machst. Also sei der/die Erste. Sei der/die Einzige. Sei ein “Außerirdischer.” Es gibt bereits genug “Normalos”.
Möglichkeit Nr. 3, um Geduld zu lernen und hohe Ansprüche an sich selbst zu lösen
Und der dritte und diesem Artikel letzte Punkt, heißt “Preis”. Also, wenn du nicht geduldig bist und zu hohe Ansprüche hast, welche Gefühle überwiegen dann bei dir? Fühlst du dich gestresst, verzweifelt, nicht gut genug, hartherzig, angespannt, hilflos, belastet,…? Wie steht’s in solchen Momenten um deine Lebensqualität?
Ungeduld hat einen Preis. Perfektionismus und hohe Ansprüche haben einen Preis:
Sie kosten dich mindestens dein Glücklichsein. Sie kosten dich Lebensqualität. Und sie kosten dich deine Macht.
Denn wenn wir uns gestresst, ungeduldig, unter Druck etc. fühlen, geben wir die Macht über unser Wohlbefinden ab, denn wir “sagen”: “Wenn die Umstände anders wären, dann wäre ich glücklich. Wenn ich diese und jene Eigenschaft nicht hätte, dann wäre ich gelassener.”
Und ich frage dich: willst du das wirklich? Willst du die Macht über dein Wohlbefinden abgeben? Willst du den Preis der Ungeduld und Strenge mit dir selbst wirklich zahlen?
Lass uns für einen Moment in deinem Leben vorspulen, bis kurz vor seinem Ende. Wenn du in den letzten Tagen deines Lebens angekommen bist, was willst rückblickend über dein Leben sagen können?
Willst du sagen können: “Ich war ungeduldig und streng mit mir, ich hab mich abgemüht und viele Kämpfe gekämpft, viel gelitten und Zähne aufeinander gebissen und hab mit einem harten Herzen gelebt.”
Oder willst du sagen können: “Ich hatte mal zu hohe Ansprüche an mich selbst, doch ich hab zum Glück immer wieder entschieden, geübt und schließlich gelernt, gnädiger mit mir zu werden, die fünf auch mal gerade sein zu lassen, mich hinzugeben und mein Herz zu öffnen. Ich hab gelacht und ich hab geweint, doch ich hab lebendig und mit dem Erleben von Liebe in meinem Herzen gelebt.”
Was willst du über dich selbst sagen können?
Und wärst du willens, dich heute wieder zu erinnern und heute wieder neu zu entscheiden, gnädig mit dir zu sein – obwohl ist, was ist?
Denn erinnere dich: mit Ungeduld werden wir nicht geduldiger. Mit Barmherzigkeit aber schon.
Welche dieser drei Anregungen oder welchen Gedanken aus diesem Artikel möchtest du dir rausgreifen? Was war hilfreich oder interessant?
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